Daniel Friedt
Foto Eins / Self-Timer
Self-Timer
Der US-amerikanische Fotograf David Lebe (*1948) begann eines Abends im Jahr 1976 Light-Drawings anzufertigen, die er mittels Lochbildkamera festhielt. Er war allein zu Hause in seinem kleinen, mit Dingen überfrachtetem Appartement in Philadelphia und löschte sämtliche Lichter:
"I longed for a larger, more open life and large open spaces in which to photograph. I thought, what if I pull the shades, turn out the lights and use a small flashlight as a light source in some way or other; could I create the illusion of uncluttered open spaces? Then, no longer bored, thinking only with my eyes and the motion of my body, I started to make pictures. What I ended up doing was taking off my clothes, opening the camera shutter and drawing an outline around my body with a small flashlight, adding points of light, lines and squiggles here and there around the room."
David Lebe, About the Light-Drawings (03/2013).
Lebes experimentelle Erkundung seiner Selbst in den eigenen vier Wände übt 55 Jahre später, angesichts der aktuellen Pandemie und bedingt durch Lockdown, Homeoffice, Social-Distancing und schnell wechselnder Verhaltensregeln, eine ungeheure Faszination aus.
Die Serie 'Self-Timer' greift die Herangehensweise David Lebes unter Einbezug heutiger Technik auf. Anstelle einer Lochbildkamera wird mit Digitalkamera fotografiert, statt einer Taschenlampe wird die Leuchtfunktion des Smartphones verwendet.
Die eigene Wohnung ist Ausgangspunkt für die spielerische Re-Inszenierung von Alltagsroutinen, Momente der Zweisamkeit oder die Rekombination von Objekten.
Die so entstandenen Bilder kreieren mit den Überlagerungen transparenter Bewegungsmomenten und den spontanen Lichtlinien eine geheimsnisvolle Atmosphäre, die Fragen nach Identität, Lebensraum und Wohlfühlraum flankieren:
Wer bin ich? Wer will ich sein? Wohin will ich mich verändern?
Wie definiere ich mich mit oder durch andere? Spiegelt meine Umgebung mich und meine Wünsche wider?
Beantwortet werden diese Fragen nicht. Sie stellen vielmehr eine Anregung für individuelle Denkprozesse dar, die mit nach Hause genommen werden können.
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