Schriften in Wien
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Theofried Wallecek, Inhaber in dritter Gneration des Gemischtwarenladens "Georg Wallecek & Söhne" in Wien-Margareten, verstarb frühmorgens am dritten Tag nach Einreichung des Insolvenzantrags. Seine Schwiegertochter Annika, die wie jeden Morgen auf dem Fahrrad angeschlingert kam, um nach dem störrischen Mann zu sehen, fand ihn quer über den Kisten zwischen Karotten und Kohlsprossen liegen. Ein Herzinfarkt, so sagt man. Er sei alt gewesen, die Belastung des drohenden Konkurses zu viel für sein Herz. Später am Tag standen die Nachbarn in lockeren Gruppen auf dem Bürgersteig zusammen. Immer noch lehnte Annikas Fahrrad unter dem Fenster mit den herabgelassenen Rollläden. "Was für ein Jammer", sagte so manch einer der Nachbarn beim Anblick des nun für immer verschlossenen Ladens, aus dem noch schwach der Geruch von frischem Obst und Gemüse drang. "Ich habe mir doch fest vorgenommen, die nächsten Tage mal beim alten Theo einzukaufen!" (Thomas Mühlfellner)
Reserviert für Victoria Schlederer >>>
Der Bewahrer
Er sah sich als Nachlassverwalter. In der Pflicht, dafür zu sorgen, dass jene Gegenstände, deren Bedeutung gleich ihren Besitzern in Vergessenheit zu geraten drohten, erkannt wurden. Als Verankerungen im Strom der Zeit, Halterungen der Realität, aufgeladen mit Geschichten und Gefühlen. Er verkaufte sie weit unter Wert, auch er brauchte ein Auskommen. In seinen Träumen, die lebhaft waren und seinen Alltag weiter spannen, ein zweites, verborgenes Leben, waren die Erinnerungen mit Preisschildern versehen, auf denen ein einziges Wort geschrieben stand: Unbezahlbar.
(Nicole Makarewicz) >>>
<<< Vers zum Reimlesen
Es macht plitsch-platsch weil ich durch Regen latsch
Und schon klatschenass sehe ich die Leuchtschrift blass
Denk mir es wär so nett wenn ich jetzt heiflen Kaffee hätt
Oder ich gönne mir wenigstens ein Handtuch und Bier
Doch wenn der Name auf dem Schild hier tatsächlich gilt
Dann wär das alles hier wohl defizitär
Und da dank Rückenwind Regen meinen Nacken runterrinnt
Setz meinen Weg fort und latsch weiter durch Regen und Matsch
(Mendel Bobrowski)
Globetrotter >>>
Puck und Pecke, Abenteuerkatzen
Reisten um die Welt auf bloßen Tatzen.
Auf hoher See als blinde Passagiere
Benutzten Sie gar heftig alle Viere.
Vom Kampf mit Mäusefürsten und Piratten
So manchen Zahn sie in den Pfoten hatten.
In Collonil, dem Hafen, heulten Hunde
Da liefen Puck und Pecke Stund um Stunde
Quer durch Italien von Ferse bis zum Schaft
Erreichten Wien mit allerletzter Kraft.
Dort wohnte Pilgerim, der Tatzenmeister
Experte, Alchimist und Schuhdienstleister.
Den baten sie um Pfotenkraftersatz
So baute Pilgerim für sie ratzfatz
Aus Leder, Kupfer, Uhrwerk und Turbinen
Acht Katzenfortbewegungsradmaschinen.
Und weltberühmt fortan für ihre Taten
War‘n Puck und Pecke, Mausjagdautomaten.
(Claudia Toman)
Weltweit werden RaucherInnen zusehends mehr und mehr ausgegrenzt, legal finanziell ausgebeutet und als VerursacherInnen für defizitäres Missmanagment im Gesundheitssystem verleumdet. Möglicherweise sind Trafiken unseren nachfolgenden Generationen nur mehr als Relikte bekannt, da das Rauchen anderen legalen und von mächtigen Lobbys gestützten Süchten gewichen ist.
(Monika Mori) >>>
Sie trank ihr Bier aus der Flasche und die eleganten Damen nippten naserümpfend verklemmt an ihren Schicki-Micki-Cocktails. Sheena sah umwerfend aus in ihren Diesel-Jeans, die sie vor fast 20 Jahren in Italien erstanden hatte. Damals hatte sie noch Familie und es war der erste Urlaub mit ihrem kleinen Sohn. Das Leuchten ihrer raffiniert einfach geschminkten Augen war außernatürlich und erhellte die Strandbar. Der Schmerz, der sie umhüllte war atemberaubend erotisch. Durch das Weiß ihrer transparenten Knitterbluse, die sie vor Jahren am Flohmarkt um einen Dollar kaufte, blitzten die Spitzen ihrer Dessous. "One Miller Lite, please", sagte sie lächelnd mit ihrer warm klingenden Stimme zum Barmann. Er war fasziniert von dieser reifen Frau, die seit einigen Abenden zu den Stammgästen zählte. Zärtlich blickte er sie an, küsste den Flaschenhals und überreichte ihr das Bier. Sheena führte die Flasche lasziv an ihre Lippen, trank in einem Zug aus und ging ins Meer.
(nika baum) >>>
Vergiss 1977
Vergiss 1979
Ein Grinser
21. Juni 1978
(Jürgen Heimlich)
vvv
<<< KünstlerInnen, die sich an die Geldbörseln der Bussi-Bussi-Gesellschaft anhängen müssen, fliegen kurzfristig hoch und fallen eher tiefer als nachhaltig auf.
(Monika Mori)
You´ve made my days and brightened my nights -
I shared your darkest hours and your most glorious moments,
savoured your presence in my tub and my bed …
So many others adored you, I couldn´t care less, merely felt akin to you.
You were a brilliant friend – noble and courageous, though modest and
down-to-earth (at least in between your battles and fights), never dull.
And now you´ve opened that shop in Diagon Alley, Harry & Sons, what a good laugh!
But who knows what´s going on behind the counter – certainly not You-Know-Who …
You finished him off for good and I joined in, accompanied you on your inexorable path,
no matter where it led.
I´ve known you for more than a decade and I´m going through your seven instalments again right now
to revive our relationship, strengthen our bond – although you´ve always and only existed in my mind´s eye.
Ta Joanne for letting him loose!
<<< (BR)
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