Sonja Maria Borstner
Pull with both hands
Manuel Tayarani, Pull with both Hands,
Defying Currents, The SPOT, 2018
MANUEL TAYARANI - PULL WITH BOTH HANDS
Den klassischen Nessel verabschiedet Manuel Tayarani in seiner Installation „Pull with both Hands“, die den Fetisch der Oberfläche im 21. Jahrhundert in den Fokus nimmt. Ursprünglich aus der flächigen, abstrakten Malerei stammend, integriert Tayarani Gegenständliches in seine Bilder. Gegenstand sind comicartige Figuren und Formen auf glasierten, brüchigen Tonplatten, die, beklebt mit Fake-Werbesolangs, auf Metallwinkeln an der Ausstellungswand montiert sind. Neben den Objekten an der Vertikalen, die durch ihre geschweißten Halterungen wie wertvolle Relikte präsentiert werden, ruhen weitere „Fundstücke“ auf einem gläsernen Schreibtisch, der den Muff eines Neunzigerjahre-Büros vergegenwärtigt. Wie auf dem Seziertisch präsentiert sich die, mit seriellem Muster durchlöcherte Platte, deren Herkunft ebenso löchrig bleibt. „Pull with both Hands“ wirkt störrisch – irgendwie nicht kategorisierbar. Was haben wir hier vor uns? Hinter der ersten von fünf rechteckigen Platten befindet sich eine Infografik, die uns den vermeintlichen Gebrauch jenes Objekts näher bringt. Die in den Ton gekratzten Zeichnungen erinnern an japanische Mangas, die eine fiktive Geschichte erzählen, die durch verschiedenen Chiffren und Zeichencodes dekonstruiert wird.
In einer humorvollen Herangehensweise bedient sich der Künstler verschiedener Assoziationen, die er aus ihrem Kontext nimmt und von ihrem Inhalt befreit. Was bleibt sind Hüllen und Oberflächen, die uns mit ihrer puren Äußerlichkeit ins Rätseln bringen. Tayarani meint dazu:„Ich habe über unsere Zeit nachgedacht, und was von ihr übrig bleiben wird in tausenden von Jahren. Es ist bloß die Verpackung, die Hülle dessen, was da war.“
Sind Verpackungen also die Relikte unserer Zeit? Tayaranis Installation könnte demnach den Versuch einer ironischen Bestandsaufnahme unseres Umgangs mit Ressourcen darstellen. In seinen von ihrem ursprünglichen Sinn befreiten „Werbeplatten“ preist er Inhaltsloses an und konterkariert so das Erscheinungsbild unsere kommerzialisierten Umwelt. Der Verpackungsfetisch einer Generation in der die Hülle als Protagonistin unseres alltäglichen Lebens mehr ins Gewicht fällt, als ihr tatsächlicher Gehalt, fasziniert den Künstler. Tayarani „entpackt“ die Gegenstände seiner Untersuchung und verleiht so dem „Un-Boxing“-Trend unserer Generation eine neue Bedeutung.
Werktext
Manuel Tayarani
Pull with both Hands
Defying Currents
Shelf
JavaScript is turned off.
Please enable JavaScript to view this site properly.