marie.dann
Absurd in Braunschweig.
4,76 – Vertraun' Sie mir?
Material: Ein gebrauchter Briefumschlag. Kleingeldmünzen. Supermarkt. Taschenrechner.
Ich gehe in den Laden und will Milch kaufen für den Dinkelgrieß, um Brei drauß zu machen und auch für den guten Kaffee, den ich mir im Bioladen mit den ausgeräuberten Regalen gegönnt habe. Irgendwelche außer Kuh. Damit die Kühe nicht meinetwegen ihre Euter ausgepumpt bekommen. Und auch ohne Soja, weil daran könnte ich im schlimmsten Fall ersticken. Haferdrink mit Mandel + Calzium 1,99 A. Was passt gut zum Griesbei? Rote Grütze aus dem Kühlregal im Glas aus dem Hause der Sylter Salatfrische, ebenfalls 1,99 aber B. Bleiben noch 0,78 über. Dafür gibt’s doch gar nichts, denk ich. Stimmt auch fast.
Wenn, dann für 0,79. Passt aber nicht in die Rechnung. Ich geh zurück zum Gemüse. Vielleicht kann ich ein paar einzelne Früchte passend Abwiegen. Da fällt mein Blick auf die kleinste Zahl bisher. 0,29 B. Ein Bund Radieschen. Sonderangebot. Zugeschlagen. 0,49 sind noch offen. Klingt gut, dafür muss es doch was geben. Gibts auch: 'N Joghurt, eine Schneekoppe Müslischnitte oder den guten Frucktnektar.
Noch billiger sind die Nabu Schreibhefte. Da gibt’s eins für 0,35 vermutlich auch B. Ich nehme den Joghurt.
An der Kasse stell ich mich in die goldene Mitte. Die Schlangen sind eh alle gleichlang. Als ich dran bin sagt die Kassierin 4,61. Ich stutze kurz und frage halbwegs souverän: Vertrauen Sie mir? Nun stutzt sie und sagt: Was meinen Sie? Na wenn nicht, müssen Sie nachzählen, sage ich, beuge mich auf die Kasse und schiebe den Briefumschlag mit dem Bronzemünzen zu ihr rüber. Sie kriegt große Augen, die Menschen in der Schlange hinter mir gucke ich gar nicht erst an. Das is sogar mehr als ich bezahlen muss, sag ich. 4,76. Alles in Kleingeld, fragt sie. Ja, sag ich. Das kann ich nicht annehmen. Wieso? Das passt ja gar nicht alles in die Schublade. Die Fächer sind ja viel zu klein dafür. Hm, sag ich also geht das gar nicht? Nee, also zumindest nicht alles auf einmal. Achso, kann ich dann einen Teil mit Geld und den Rest mit Karte bezahlen, frage ich? Sie ist noch immer verwirrt aber freundlich. Naja, also ich kann nicht alles annehmen. Das müssen sie rollen. Und mit den Rollen kann ich dann bei Ihnen bezahlen? Nein, damit müssen Sie dann zur Bank gehen, sagt Sie. Nagut. Ich gebe ihr mein Plastikgeld. Alles mit Karte? Ja, sage ich. Die Leute hinter mir atmen auf.
Nachtrag: Witzig war auch, dass ich genau mit Taschenrechner jeden Preis von der mir verfügbaren Gesamtsumme subtrahiert hab, damit auch alles genau passt. Wieso muss ich dann nur 4,61 zahlen?
Auf den Rewe Bio Joghurt mild Straciatella gab es 30% Rabatt wegen kurzer Haltbarkeit. Auf deutsch: Läuft morgen ab. Darum 0,15 gespart und nur 0,24 statt 0,49. Krass, oder?
Den Umschlag mit Inhalt habe ich dann den Punks vorm REWE geschenkt. Ich warne sie noch vor, nicht alles auf einmal auszugeben und komme mir während ich es sage ziemlich dumm dabei vor. Die beiden wurden grad vorher von einem der Mitarbeiter aufgefordert, sich woanders hinzusetzen, woraufhin sie Ihm einen Kronkorken nachgeschnipst und leider damit sein Auto getroffen haben. Ich sag, das dürft ihr aber auch nicht machen. Und Sie sagen, ja aber man darf auch nicht lügen. Jedenfalls kommt jetzt gleich die Polizei. Auf den Schreck gebe ich 'ne Runde Radieschen aus. Er nimmt freudestrahlend an, sagt: aber nur ein kleines, weil er seit 3 Tagen Zahnschmerzen hat. Aber über Butterbrot mit Radiesschen und Salz geht einfach mal nix drüber.
Da sind wir uns einig.
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